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EG

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Erdgeschoss

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Obergeschoss

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Umgang mit den Ressourcen des Denkmals und Materialkonzept

Der Erhalt und die Rettung eines der ältesten denkmalgeschützten Gebäude Sendens folgt den Grundgedanken des Respekts vor dem Baudenkmal als Geschichtsspeicher und baukulturelles Gedächtnis.

Der Grundgedanke der Revitalisierung setzt das Erkennen und Lesen lernen der Geschichte der Nutzungen und Veränderungen des Hauses voraus, um für die neue öffentliche Nutzung die geeigneten Räume und Maßstäbe zu finden.

Die behutsamen Anpassungen an die Funktionen eines öffentlichen Gebäudes erfolgten in enger Abstimmung mit der Denkmalpflege, auch durch Entfernung der geschichtsentstellenden Eingriffe und Substanzschädigungen der Umnutzungen des 20. Jahrhunderts.

Die Materialgerechtigkeit und die Klarheit in Konzept und Detail folgen der historischen Verpflichtung und sind auch ästhetisch nachhaltig und nicht modisch.

So wurde z.B. die zuletzt verputzte und bauphysikalisch dichte Fassade nach der Reparatur des Fachwerks mit einer Muschelkalkschlämme belegt. Diese stellt eine nachgewiesene spätere Zeitschicht dar und macht die zuerst steinsichtige Ziegelfassade unter Beibehaltung der geschädigten Ziegel wieder frostsicher und gleicht die Reparaturen und Ergänzungen einander an.

Alle Reparaturen wurden in der vorgefundenen Materialität und in meisterhafter handwerklicher Verarbeitung (Deutscher Sanierungspreis Holz 2021 durch unsere Zimmerleute und Dachdecker) durchgeführt. Nachhaltige Baustoffe sind daher eine Selbstverständlichkeit wie Lehmbau für die Wände mit Wandheizung, Nachwachsende Rohstoffe für die Ausbauten und die Dämmung, die Wiederverwendung der Ziegelsteine und Hölzer aus dem Bestand.

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Geschichtliche Einordnung

Das heute als „Altes Zollhaus“ von der Öffentlichkeit und vielen Vereinen genutzte Denkmal liegt an einem geschichtsträchtigen Ort und gibt Zeugnis der Geschichte Sendens in den letzten 500 Jahren. Senden wurde 890 n.Chr. erstmals urkundlich erwähnt. Zwischen dem Dorfzentrum mit seiner Kirche liegt, getrennt durch das Flüsschen Dümmer, das Gebiet der ehemaligen „Borg Senden“ einem bischöflichen Lehen der Familien Droste zu Senden. 1587 wurde das gesamte Dorf durch die Spanischen Truppen niedergebrannt. Schriftstücke belegen, dass das hier gelegene „Gillhaus“ anschließend wieder aufgebaut wurde. Im Jahre 1680 brannte der Ort wieder fast vollständig ab und es wird vermutet, dass das heutige Haus in vielen Teilen auf dem anschließenden Wiederaufbau beruht. Von 1810 bis 1813 wurde hier in napoleonischer Zeit der Schlagbaum als Grenze zwischen Frankreich und dem Königreich Westphalen errichtet und das Haus als Zollhaus genutzt, was zur aktuellen Namensfindung „Altes Zollhaus„ führte.


Baugeschichte

Die wechselvolle Geschichte des Hauses lässt sich grob in 3 Zeitschienen einordnen:
Gebaut als respektables 4-Ständer-Haus mit landwirtschaftlicher Nutzung und Gaststättenbetrieb wurde es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Erwerb durch die vormaligen Pächter zu einem stattlichen Bürgerhaus umgebaut. Dieser gravierende Eingriff mit 9 Fensterachsen an der Straßenfront wurde mit einer vollständigen Erneuerung der Westfassade und einem Rückbau der höher gelegenen Kammern unter Verzicht des größten Kellers am Nordgiebel erkauft. Auch im Inneren wurden die Stallungen in größere Zimmer umgebaut, so dass z.B. die inneren Stützenreihen der Tenne in die mittig liegenden Längswände verschoben wurden. Im 20. Jahrhundert wurde dann die großzügige innere Struktur durch die Verlagerung des Wohnbereiches auf die Südseite und viele kleinteilige Zwischenwände entstellt und z.B. die Querdiele zum Heizungsraum mit Öltanklager umgenutzt.

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Soziale Bedeutung

Durch das Förderprogramm „soziale Integration in das Quartier“ des Bundes war es möglich, ein für die Geschichte Sendens bedeutendes Baudenkmal zu erhalten und öffentlich zu nutzen. Es steht nun allen Bürgern und Vereinen offen und wird tagtäglich sehr rege genutzt von Gruppierungen wie der Flüchtlingshilfe, der Lebenshilfe, dem Hospizkreis, dem Bürgerbusverein, dem Heimatverein, der Musikschule usw. So ist die neue Nutzung nun wieder vergleichbar mit dem jahrhundertelangen Betrieb als Gaststätte/ Gildehaus mit Landwirtschaft und Brauerei, heute als Inklusiv entwickeltes Gebäude für alle Menschen und ohne Barrieren.

Erwähnenswert ist auch die Bedeutung für das Verständnis zum Denkmalschutz. So wurden hier über 3500 Stunden ehrenamtlicher Arbeit investiert und neben der Förderung der Gemeinschaft hat sich so die Einstellung vieler Mithelfenden von der störenden Altlast zum Stolz der Gemeinde gewandelt. Ein Identität stiftender Ort, der das dörfliche Zusammenleben und eine positive Einstellung zum Erhalt historischer Baukultur fördert.

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Umbau und Sanierung Altes Zollhaus Senden

Projekt in Arbeitsgemeinschaft mit Mensen und Zora Architekten Partnerschaft mbB entstanden

 

Fotografien © Roland Borgmann


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